Kammerversammlung der PKHB: BPtK- Präsident Rainer Richter betont Feminisierung des psychotherapeutischen Berufes

Kammerversammlung der PKHB: BPtK- Präsident Rainer Richter betont Feminisierung des psychotherapeutischen Berufes
13.05.2012: Richter suchte den Meinungsaustausch mit Mitgliedern der PKHB – Kammerpräsident Schrömgens referierte zu aktuellen Fragen niedergelassener und angestellter Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

Vorstand PKHB  mit Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der BPtK (Bild Mitte)
Vorstand PKHB  mit Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der BPtK (Bild Mitte)

Vorstand PKHB mit Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der BPtK (Bild Mitte)

Die psychotherapeutische Tätigkeit entwickelt sich immer mehr zum Frauenberuf. Diese Auffassung vertrat der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Professor Dr. Rainer Richter, in dieser Woche vor den Mitgliedern der Bremer Psychotherapeutenkammer. Richter, der am Dienstag (8. Mai) im Bürgerhaus Weserterrassen vor der 26. Kammerversammlung über die „Zukunft der Psychotherapie – Herausforderungen für unsere Profession“ sprach, mahnte: „Wir werden bald zu wenig männliche Therapeuten haben, um Männer als Patienten behandeln zu können.“ Die zunehmende Feminisierung des psychotherapeutischen und auch ärztlichen Berufes könne weder im Interesse der Patientinnen und Patienten sein noch der betroffenen Berufsgruppen.

Richter ging in seinem Vortrag auch auf die sektorenübergreifende Versorgung psychisch kranker Menschen ein. Noch immer gebe es eine viel zu starre Grenze zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich. „Wir müssen diese Grenzen allmählich durch gute Formen der Zusammenarbeit zwischen Klinik und Praxis überwinden. Es ist ein Anachronismus, dass psychisch kranke Menschen im bestehenden Versorgungssystem häufige Beziehungsabbrüche hinnehmen müssen. Hier wäre personale psychotherapeutische Kontinuität angesagt und nicht mehrfacher Therapeutenwechsel.“

Trotz aller Kritik an dem Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Entgeltsystems in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen sprach sich Richter für den Entwurf aus, „weil ein derartiges Gesetz zu mehr Transparenz in der Behandlung führen wird.“ Das neue Entgeltsystem sieht Tagespauschalen in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern vor. Laut Gesetzentwurf soll der Gemeinsame Bundesausschuss hierfür Indikatoren für eine einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung festlegen und zudem Empfehlungen für die personelle Ausstattung mit therapeutischem Personal beschließen. Damit würde die Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV), die bisher den Personalbedarf bemisst und damit maßgeblich die Finanzierung der stationären Versorgung seelisch kranker Menschen ausmacht, der Vergangenheit angehören. Richter: „Wir kommen damit zu einer leistungsgerechteren Vergütung. Es wird das bezahlt, was tatsächlich am Patienten getan wird.“

Karl Heinz Schrömgens erläuterte wichtige Punkte der Arbeit des letzten Halbjahres
Auf die aktuellen Entwicklungen in Bremer Kliniken und Praxen ging der Präsident der Psychotherapeutenkammer Bremen, Karl Heinz Schrömgens, in seinem Vortrag ein. Er erläuterte unter anderem die wesentlichen Änderungen, die das Versorgungsstrukturgesetz für Psychotherapeuten mit sich bringt. So hat der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Bedarfsplanungsrichtlinie, die zum 1. Januar 2013 in Kraft treten soll, das Verhältnis von Einwohner je psychotherapeutischer Praxis neu zu bestimmen. Zudem sollen sich die Planungsbereiche nicht mehr an Landkreisen orientieren, sondern neu zugeschnitten werden. Neu ist nach Schrömgens Angaben auch, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen künftig auf Landesebene von der bundesweiten Bedarfsplanung-Richtlinie abweichen können, um gegebenenfalls regionale Besonderheiten – wie die regionale Demografie und Morbidität – zu berücksichtigen. Erstmals wurde der Senatorin für Gesundheit ein Beanstandungs- und Mitberatungsrecht im Landesausschuss eingeräumt.

Zudem sieht das Anfang 2012 in Kraft getretene Gesetz die Möglichkeit der Gründung eines Gemeinsamen Landesgremiums vor, in dem Vertreter des Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Krankenkassen, der Landeskrankenhausgesellschaft, der Ärzte- und Psychotherapeutenkammer sowie weiterer Akteure Empfehlungen zur sektorenübergreifenden Versorgung und zur Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes abgeben sollen. „ Es ist noch offen, ob es in Bremen ein Gemeinsames Landesgremium geben wird. Die Senatorin für Gesundheit hat allerdings ihr Interesse für die Einrichtung dieses Gremiums signalisiert“, sagte Schrömgens vor den Kammermitgliedern. Das Versorgungsstrukturgesetz soll auch eine zeitnahe psychotherapeutische Versorgung sicherstellen. Dazu Karl Heinz Schrömgens: „ Das Gesetz regelt ausdrücklich, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen eine angemessene und zeitnahe fachärztliche Versorgung psychisch kranker Menschen sicherstellen müssen. Da wir Psychotherapeuten dieser fachärztlichen Versorgung angehören, sind wir hiervon unmittelbar betroffen.“

Unterschiede und Gemensamkeiten mit dem Vorstand der KVHB
Der Bremer Kammerpräsident nahm auch Stellung zu aktuellen Überlegungen der Bremer KV, die vertragspsychotherapeutische Vergütung zu verändern. Bei Ausweitung der psychotherapeutischen Leistungen könnte das Morbiditätsrisiko durch eine Quotierung des Honorars für eine antrags- und genehmigungspflichtige Therapiesitzung allein zu Lasten der Psychotherapeuten gehen. Um eine Mengenausweitung zu verhindern, käme auch eine Deckelung des Umfanges jeder psychotherapeutischen Praxis in Frage. Die Vorstellungen der KV kollidieren nach Schrömgens Aussage allerdings mit der Forderung des Gesetzgebers, eine zeitnahe psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. Der Kammerpräsident: „Bereits heute wartet ein Patient in Bremen durchschnittlich 9,3 Wochen auf ein Erstgespräch und 16,6 Wochen auf den Beginn seiner Psychotherapie.“ Zudem liefen die KV-Überlegungen der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgesetzes zuwider. Demnach müsse eine maximal ausgelastete psychotherapeutische Praxis ein Einkommen erzielen können, das dem Durchschnitt der Facharzteinkommen entspricht. Er verweist auf ein aktuelles Rechtsgutachten, das von der KBV Ende April vorgelegt worden ist, in dem solche Überlegungen in den KVen eine Absage erteilt wird. Diese seien mit der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht zu veeinbaren.

Karl Heinz Schrömgens kritisierte in seinem Redebeitrag weiter, dass die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung nicht ausreicht und die Krankenkassen den gewachsenen Bedarf an Psychotherapie nicht ausgleichen: „Das Morbiditätsrisiko wird einseitig auf die KV abgewälzt.“ Dies führe zu einer Verschärfung des Verteilungskampfes innerhalb der KV. Deshalb forderten KV und Kammer eine extrabudgetäre Vergütung für Psychotherapie.

Zum Rechtsstatus angestellter Psychotherapetinnen und Psychotherapeuten in Krankenhäusern
Im Bereich der angestellten Psychotherapeuten ging der Kammerpräsident auf eine Stellungnahme zum Rechtsstatus von Psychotherapeuten in Kliniken ein. Die von der Bremer Kammer erarbeitete Expertise weist darauf hin, dass die Behandlung von psychisch kranken Menschen mit psychotherapeutischen Interventionen nur von Ärzten oder Psychologischen Psychotherapeuten vorgenommen werden darf. Die Approbation sei hierfür zwingend erforderlich. Psychotherapeutische Tätigkeiten zum Beispiel an Diplom-Psychologen zu delegieren, ist demnach rechtlich nur in sehr begrenztem Umfang möglich.

Über diese Themen hinaus absolvierte die Kammerversammlung Pflichtaufgaben, indem sie die Gebührenordnung anpasste und eine Nachwahl zum Fort- und Weiterbildungsausschuss der Kammer vornahm. Renate Flor, als Psychologische Psychotherapeutin mit psychoanalytischem Hintergrund sowohl niedergelassen als auch in der Kinderklinik des Klinikums Links der Weser tätig, fand die breite Zustimmung der Anwesenden für ihre Kandidatur.